Kerstin Sudau

YOGA CITTAVRTTI NIRODHAH

Foto: Kerstin Sudau

Yoga ist der Zustand, in dem die Bewegungen der Gedankenwellen (Vrtti) in unserem Bewusstsein (Citta) in eine dynamische Stille (Nirodah) übergehen. Immer dann, wenn diese geistigen Aktivitäten nicht in einem stillen Gleichgewicht sind, verfärben sie unsere Erkenntnisse (Yogasutra von R.Sriram).

Yoga bedeutet verbinden, eins-werden, zusammenführen und die Yoga Philosophie hat das Ziel, dass wir uns mit unserem Kern verbinden. Unser Geist lenkt uns ständig ins Außen und entfernt sich dadurch von unserem Kern. Mit Yoga bringen wir unseren Geist zur Ruhe und können mit Klarheit alles sehen. Das ist ein bisschen wie ein Filter vor unseren Augen. Wir alle kennen diese Tage, wo die Welt schön und bunt aussieht oder auch ganz grau. Diese Filter entstehen durch unsere Wahrnehmung, unser Wollen, Wünschen, unsere Erfahrungen und unsere Wertung von Dingen und Geschehnissen. Sie verhindern den klaren und ruhigen Blick und wir lassen uns von ihnen täuschen. Tatsächlich erscheint uns dann die Welt so, wie wir meinen, dass sie ist.

Kommt durch Yoga der Geist zur Ruhe verschwinden die Filter und die Täuschungen und wir können uns und unsere Welt ganz klar sehen. Das ist jedoch nicht zu verstehen wie eine Übung die direkt umgesetzt werden kann. Es handelt sich dabei eher um einen Prozess der durch stetiges Üben von selbst eintritt. So wie wir um gut singen zu können unsere Stimme trainieren, müssen wir für die Ruhe und Frieden in uns unseren Geist trainieren.

Cittavrtti beschreibt dabei unseren Geisteszustand vor der Yogapraxis. Es liegt zum Beispiel ein scheinbar normaler Arbeitstag hinter uns. Wir arbeiten, funktionieren und leben unsere Rolle. Dann sitzen wir auf der Matte und haben das Gefühl, dass noch der gesamte Tag in uns schwingt. Was haben wir erlebt, was müssen wir noch machen, was könnte passieren und vieles mehr. Manchmal sind da auch einfach Ängste, Befürchtungen und Hoffnungen. Das alles ist aber nur in unserem Geist und wir haben das Gefühl in einem emotionalen und gedanklichen Sturm zu sitzen. Der Geist ist laut und aufdringlich. Dann atmen oder meditieren wir, machen unsere Asana Praxis und ohne dass wir etwas wollen oder erzwingen, lässt dieser Sturm langsam nach. Vielleicht wissen wir am Ende der Praxis schon gar nicht mehr was uns vor der Praxis so in Aufruhr gebracht hat. Genau dann können wir erkennen, was hinter dem Sturm in der Tiefe liegt und sehen die Dinge wie sie wirklich sind. Plötzlich ist alles ganz klar, einfach und problemlos. Wenn unser Geist ruhig und still ist, können wir unsere individuelle Seele (Purusha), unseren Kern erkennen. In diesen Momenten können wir unser Leben als Beobachter bewusst von außen betrachten und erhalten so neue Erkenntnisse, die uns klarer und aktiv unser Leben gestalten lassen. In diesem Zustand entsteht eine dynamische Stille, bei der sich unser Herz öffnet und wir uns von der Abhängigkeit unserer Gedanken und Emotionen befreit haben.